Das Oberlicht
Verfolgung homosexueller Männer. Rezitations- und Liederabend von Bernhard Rosenkranz und Folkert Bockentien
Insgesamt wurden im Deutschen Reich ca. 54.000 Männer wegen homosexueller Kontakte verurteilt. Mehr als 1.400 Stolpersteine wurden bisher von dem Künstler Gunter Demnig in Hamburg verlegt. Darunter befinden sich 37 Steine, die an die Schicksale verfolgter homosexueller NS-Opfer erinnern. Über das Leben dieser Männer, die als „bevölkerungspolitische Blindgänger“ und „Staatsfeinde“ ermordet wurden, ist bis heute nur wenig bekannt geworden. Das hängt u. a. auch damit zusammen, dass Homosexuelle bis 1969 als Kriminelle behandelt wurden. Für sie galt das NS-Recht weiter. Das bestätigten am 10. Mai 1957 auch die Richter des Bundesverfassungsgerichts.
Der Zuschauer erlebt eine Zeitreise, die 1935
beginnt und 1969 endet.
Bernhard Rosenkranz und Folkert Bockentien erzählen im „Oberlicht“ die unglaublichen Geschichten, die sich hinter den Stolpersteinen verbergen.
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"OBERLICHT" IN DER OPERA STABILE
Das eben nicht ganz Selbstverständliche
Von Klaus Witzeling
Hamburg -
Das Drama entbehrt nicht erschreckender Komik: Denunziantentum erscheint sogenanntem gesunden Volksempfinden als Wahrheitsliebe. Nicht nur die Nazis jagten Schwule, auch noch Richter und biedere Bürger der Wirtschaftswunderzeit. Lange hofften "die Warmen" mit Zarah auf "ein Wunder", wie die Lied- und Textmontage "Das Oberlicht" von Bernhard Rosenkrantz und Folkert Bockentien lebhaft in Erinnerung rief. Die exzellenten Interpreten - Schauspieler Gustav Peter Wöhler, Autor Folkert Bockentien, Staatsopern-Bariton Moritz Gogg und Pianist Matthias Stötzel - hatten Riesenanteil am Premierenerfolg in der Opera stabile.
Verdunkelten Leiden und Unrecht den ersten Teil der musikalisch-dokumentarischen Collage aus Akten, Artikeln, Gesetzes-Texten, Polizei-Protokollen und Zeitzeugen-Berichten, hellten im zweiten Mut und wachsendes Selbstbewusstsein der "Volksschädlinge" das Stück Hamburger Schwulengeschichte auf. Es wird treffend durch die Auswahl der Lieder kommentiert, denen Moritz Gogg expressive Stimme und melancholische Ironie gibt. Wöhler wird mit minimalen Tonwechseln und gestischer Andeutung vom Verräter zum Verratenen, vom Selbstgerechten zum Gerichteten.
Der sehens- und hörenswerte Abend bestätigt André Heller: "Die Selbstverständlichkeit des Selbstverständlichen ist leider noch immer nicht ganz selbstverständlich."